Da sitzt man gemütlich in einem Bibliothekszimmer im Hauptgebäude der Universität Bonn und ahnt nichts böses.
Na gut, der Himmel ist ein wenig bedeckt, es ist schwül, Gewitter wurde angesagt. Die ersten Tropfen fallen, schließlich beginnt die Fensterbank nass zu werden, es wird daher rasch das Fenster geschlossen.
Plötzlich peitscht prasselnder Regen gegen das Fensterglas, man könnte meinen, draußen tobt eine stürmische See. Längst sind alle Blicke auf das einzige Fenster im Raum gerichtet, keiner beschäftigt sich mehr mit dem Unterricht. Auch die Dozentin nicht. Gebannt starren alle auf das, was sich außerhalb des Gebäudes ereignet.
Der schon starke Wind wird noch stärker, er wird zu einem Orkan von verheerendem Ausmaß, wie man später bemerken wird. Wieder und wieder werden neue Wasserfontänen gegen unser Fenster gedrückt, bis es teilweise nachgibt: Vom Fensterrahmen beginnt sich ein Strom Richtung Fensterbank zu formieren, von dieser aus plätschert es hinter der Heizung entlang auf den Fußboden.
Die Dozentin versucht Normalität – so gut es geht – wieder herzustellen, indem sie den CD-Player eine CD abspielen lässt, die einen dänischen Text vorliest.
Irgendwann beginnt etwas hinter meinem Rücken die Aufmerksamkeit der Kursteilnehmer auf sich zu lenken. Es tropft. Von der Decke, aus einem Riss, welcher, nebenbei bemerkt, längst nicht der einzige oder größte in diesem Raum ist.
Schnell wird ein Mülleimer notdürftig auf das Bücherregal gestellt, was deutlich unter der Nässe zu leiden beginnt. Es werden Bücher, darunter viele alte, aus den Regalen evakuiert, es bildet sich eine Bücherkette zwischen Regal und Tisch.
Von der Universitätsverwaltung kommt die Nachricht, dass zur Zeit einundzwanzig Schadensfälle gemeldet sind. Daher könne man uns momentan nur einen Müllsack und drei Aufnehmer zur Verfügung stellen.
Die Uhr zeigt viertel vor an, die meisten bedrohten Bücher liegen vorerst in Sicherheit auf dem Tisch, der Mülleimer hat seine Rolle als Wasserfänger gefunden, das Wetter beruhigt sich und sogar der Unterricht konnte fünf Minuten normal vonstatten gehen, bevor die Sachen zusammengepackt werden und sich der Raum leert.
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